Anlässlich des Aufrufs zur Blogparade von Valeska Stein https://schreibdichresilient.de/blogparade-dein-weg-zum-journaling/ sah ich mich herausgefordert zu ergründen, warum ich das Journaling irgendwann einfach aufgegeben habe – und ob das wirklich so schlau war 💡. Und ja, die Erkenntnis kam am Ende ziemlich unerwartet😳.
Wie ich zum Journaling kam
Alles begann inmitten meines Online-Schreibkurses, bei dem ich parallel noch an einigen anderen Angeboten teilgenommen habe. Ganz vorne mit dabei: Journaling. Oh ja, dieses charmante kleine Angebot, das mir wie die Hexe 🧙♀️ aus Hänsel und Gretel zuflüsterte: »Komm Kerstin! Graben 🪦 wir mal ein bisschen in deinem Inneren rum!« Klingt verlockend, oder? Worauf bin ich gestoßen? Na ja, die Klassiker! Allen voran Selbstzweifel, alte, längst überholte, nagende Glaubenssätze und die große Sinn-des-Lebens-Frage, irgendwo zwischen »Wann kommt die neue Staffel von Downton Abby?« und „Warum existiere ich eigentlich und wenn ja, wieviele?“ Das Schreiben brachte mich dazu, über vieles nachzudenken – über mich, über andere, über den Sinn oder Unsinn des Lebens – such dir was aus. Es war spannend und auch irgendwie kathartisch🧹.
Meine Journaling-Routine
Jeden Morgen, der erst der Familie lag noch in den Betten, bewaffnet mit einem Becher Kaffee ☕️ und der Einstellung »Na gut, überraschen wir uns mal wieder selbst«, schlug ich mein Journal auf. Ich überließ ich es einem Zufallsgenerator 🔀, welche Methode ich an dem Tag ausprobieren würde mit dem Ziel 🎯, eine für mich gangbare 🚶♀️➡️Methode zu finden. Mal war es eine Charakterananlyse, die 100-Dinge-Liste 📋, unverschickte Briefe 📨, Mindmap💬, Zitate oder Gedichte, die so gar nicht mein Ding 🤦♀️ waren! Jedes Mal, wenn der Generator diese Methode auswarf, habe ich ehrlich versucht, etwas Tiefsinniges zu schreiben. Doch unweigerlich schoss mir ständig „Zickzacke Hühnerkacke“ von Loriot durch den Kopf. Und spätestens, wenn meine Gedanken bei „Das Reh 🦌 springt hoch, das Reh springt weit, warum auch nicht, es hat ja Zeit“ von Heinz Erhardt angekommen waren, war nichts mehr zu retten🚒. Von wegen lyrische Ernsthaftigkeit! Da konnte ich noch so sehr versuchen, die Muse anzulocken – sie winkte lachend 🙋♀️ ab und verließ kopfschüttelnd den Raum. Spätestens dann war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich fragte, ob ich nicht lieber die Wäsche 🧺 erledigen sollte, statt ratlos in die Gegend zu starren 🙄.
Mein Lieblings-Schreibimpuls
Mein absoluter Favorit unter den Schreibimpulsen, neben den „unverschickten Briefen“, war der Dialog – oder wie ich es nenne: Gesprächstherapie mit meinem Journal, das ich schlicht „Freund“ getauft habe. Kein Pronomen, keine Schnörkel➰. Einfach nur „Freund“. Mit Freund habe ich diskutiert, mich hemmungslos ausgekotzt🤮, gehadert, dramatisch im Selbstmitleid gebadet🥺, Fragen beantworten und Tipps ➜ geben lassen. Freund hatte immer eine Antwort parat – meist eine, die überraschend weise klang, wenn sie aus meinem eigenen Gedanken entstanden war. Ich habe auf diese Weise gelernt, alte Wunden 🩹oder lange zurückliegende Ereignisse, die mich immer noch triggern😡, aus einer anderen Perspektive 🕶️ zu betrachten.
Mein Lieblingsstift
Weg. Einfach verschwunden! Mein treuer Begleiter, ein schwarzer Rollerball ✍️ mit austauschbaren Minen, den ich mir eigens fürs Journaling zugelegt hatte, war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Ein Zeichen? Hatte er es irgendwann satt gehabt, immer mein Seelen-Gewirre aufs Papier 📝 zu bringen und ist ausgezogen? Oder wartet er nur drauf, gefunden zu werden?
Mein Journal
Mein Journal? Ein (kunst!)-ledergebundenes Ringbuch im DIN A5-Format. Ein bisschen oldschool 📜, aber hey, es hat Charakter. Ihm obliegt so ein ‚Ich-bin-erhaben-und-voller-Weisheit‘-Vibe 👩🏫. Derzeit liegt es wie ein stummer (um nicht zu sagen vorwurfsvoller) Zeuge im Regal. Es wirkt fast wie ein deplatzierter Butler zwischen all den anderen bunten, im Kaufrausch erworbenen Notizbüchern.
Apropos – kannst du mir mal erklären, warum ich mir ständig neue Notizbücher, obwohl die, die ich habe, noch nicht vollgeschrieben oder gar ausgepackt sind? Aber das könnte der Aufruf zu einer neuen Blogparade werden …
Warum habe ich aufgehört?
Nach einem Monat intensivem Schreiben begann es für mich brenzlig 😥 zu werden. Da kamen Dinge hoch, die ich erfolgreich verdrängt hatte – wie verstaubte Kisten 📦 im Keller, von denen man vergessen hat, was man darin verstaut hatte. Es war, als hätte ich versucht, einen riesigen, aufblasbaren Ball mit Sonnencreme-glitschigen Händen unter Wasser gedrückt zu halten. Du weißt, wie das endet: Irgendwann flutscht das Ding hoch, mit voller Wucht, und klatscht dir direkt ins Gesicht.
Eines Abends saß ich dann da und blätterte durch ‚Freund‘ und konnte es einfach nicht mehr ertragen – zu viele Worte, zu viele Erinnerungen 🙁. Also tat ich das Einzige, was in diesem Moment passend erschien: Ich nahm Seite für Seite heraus und verbrannte sie im Kamin 🪵. Stell dir melancholische Musik im Hintergrund und mich als tragische Heldin vor, die die züngelnden Flammen 🔥 betrachtet. Meine Art des Loslassens? Vielleicht. Oder einfach nur ein stiller Aufstand gegen all die Dinge, die ich loswerden wollte, ohne sie nochmal lesen zu müssen.
Fazit
Mittlerweile schreibe ich nur noch sporadisch in einen Wochenplaner eher To-Do-Listen als ausführliche Texte. Dort notiere ich meine Erledigungen, wie viele Teilnehmer ich in meinen Kursen hatte, ob ich meine täglichen Routinen eingehalten habe, die Termine der Müllabfuhr und ob der Hund 🐕 seine Tabletten bekommen hat. Irgendwie ist das Ganze ziemlich mechanisch geworden. Und während ich diesen Artikel verfasse, merke ich: Da fehlt was! Vielleicht, nur vielleicht, ist es Zeit, den schwarzen Roller 🖊️durch einen neuen Lieblingsstift ✏️ zu ersetzen und es einfach nochmal zu versuchen – hoffentlich ohne gleich wieder den Kamin anzuwerfen.
Hey, du jonglierst mit Worten! Macht richtig Spass!
Danke Gisela, ich geb‘ mir Mühe😀💪
Hey Frau Pommes!
Klingt ein bissi wie ich mit meiner Odyssee „Bullet Journal“: Ich hab inzwischen gefühlte 100 Mal angefangen. Mal mit viel Deko (hatte schon in der 3. Woche keine Muße mehr, so viel Zeit für eine Doppelseite aufzubringen, die dann schon in 7 Tagen ins Hintertreffen gerät), mal die minimalistische Variante (die war mir natürlich zu langweilig, das Auge isst schließlich mit) und dann die Zwischenlösung mit Lettering, dank derer ich tatsächlich mal drei Monate geschafft habe, nur um dann festzustellen, dass auch ein Journal aus mir keine organisierte Person macht. Hilft ja nix da was einzutragen, wenn man nicht wieder reinschaut. Ach ja, und ich habe bevorzugt die existierenden Listen-Kästchen ignoriert und stattdessen das erledigt, das gar nicht auf der Liste stand. Manchmal hab ich das dann unten angefügt, nur um auch mal ein Kästchen abhaken zu können…
Und bezüglich Notebook-Kauf bin ich ganz bei dir. Ich könnte mich arm und dusselig kaufen an den Dingern! Bei deinem ledernen Buch wäre ich allerdings auch schwach geworden – mei, ist das ein schickes Ding!!!
Hey Ramirez! Dann sind wir ja beide auf eine Art und Weise gescheitert. Schön zu hören, dass ich nicht alleine ratlos vor leeren Seiten stehe😉
Liebe Grüße
Liebe Kerstin,
vielen Dank für deinen spannenden und sehr persönlichen Blogartikel und deine Teilnahme an meiner Blogparade. Dein Freund-Journal (übrigens ein toller Name!) hat mich jetzt dazu verleitet auch ein Ringbuch aus Leder zu bestellen. Ich bin schon ganz aufgeregt, morgen soll es ankommen und dann kann es losgehen. Was ich an so einem Ringbuch toll finde ist, dass man die beschriebenen Seiten nach hinten heften kann. Ich habe jetzt z.B. bei meinem neuen Journalprojekt vor, mir ähnliche Fragen immer wieder in regelmäßigen Abständen zu beantworten und bin schon sehr gespannt darauf, was am Ende beim Vergleich der Antworten rauskommen wird.
So schön, dass du nun überlegst, wieder mit dem Journaling anzufangen. Ich denke es war gut, dass du damals mit dem Journaling, so wie du es begonnen hattest, aufgehört hast, denn ja, es kann irgendwann sehr intensiv und emotional werden und da muss man auf seine Grenzen achten.
Weißt du noch, wie du dich gefühlt hast, nachdem du all deine Seiten verbrannt hattest? Das wäre jetzt vielleicht ein schöner Schreibimpuls und du könntest dabei ergründen, warum es dir irgendwann zu viel wurde und was du gebraucht hättest, um weitermachen zu können.
Mir fällt gerade noch so viel ein, aber das kann ich gar nicht alles hier schreiben. Schreib mir gerne eine E-Mail, wenn du noch mehr Unterstützung brauchst, auf meinem Blog findest du auch einige Tipps und Ideen. Gerade meine Tagebucheinträge zu meiner „Suche nach neuen Journaling-Routinen“ könnten spannend für dich sein: https://schreibdichresilient.de/journal-routine-tagebuch-1-eintrag/
Ansonsten kann ich dir auch das Buch „Wohlschreiben: 52 Impulse für ein Leben, das sich echt anfühlt“ von Birgit Schreiber empfehlen.
Ich wünsche dir viel Erfolg und Freude beim Wiedereinstieg ins Journaling.
Herzliche Grüße, Valeska
Liebe Valeska,
danke für deine Tipps rund um das Journaling. Das empfohlene Buch werde ich mir mal bei Amazon ansehen. Ich brauche aber noch Zeit, um wieder anzufangen. Derzeit beschäftige ich mich mit meinem zweiten Buch, denn ich möchte endlich den ersten Entwurf fertig bekommen.
Liebe Grüße
Kerstin
Hallo Kerstin,
sich an die Journaling Leiter ( The Journal Ladder) von Kay Adams zu orientieren, könnte hilfreich sein. Sie folgt einem System von strukturierten Einträgen bis zu Free Writing… sobald alles zu viel zu werden scheint, geht man wieder einen Schritt zurück auf der „Leiter“.
Mit Collage und anderen visuellen Elementen zu arbeiten, könnte auch wieder mehr Freude und Nutzen in dein Journaling bringen, falls du das noch nicht versucht hast.
Viele grüße,
Antje
Hallo Antje,
lieben Dank für deine Anregungen! ich habe mir deinen Blog angesehen und deine Kreativität hat mich umgehauen! ich habe es leider so gar nicht mit Handarbeit oder Basteln im weitesten Sinne. Aber witzig, dass du auch angesprochen keine Duftkerzen magst. An diesen Abteilungen bei IKEA oder wo auch immer – Nase zu und durch! The Journal Ladder hilft mir in sofern nicht soviel, da sie nicht auf deutsch ist. Natürlich erklärt sich mir der Sinn aus dem Kontext heraus, aber es ist mühsam für mich.
Viele Grüße
Kerstin
Ahh….den Verlockungen neuer leerer wunderschöner Notizbücher erliege ich auch immer wieder. Die Sammlung wächst stetig, obwohl ich ganz echt nur noch einen Bruchteil kaufe, von denen die mich so anlachen. 🙂
Brauchen tu ich sie in diesem Leben sicher nicht mehr, aber egal.
Das mit dem Journaling musste ich erstmal googeln. Ich bin Generation Tagebuch, wurde dann Tagebuchbloggerin in 2002 und mit steigendem Alter ist das dann irgendwann leider versickert.
Immoment habe ich gerade ein Büchlein vom Typ „One line a day“ mit Platz für 5 Jahre.
Fällt mir schon schwer genug dass durchzuhalten.
Aber diese Journaling-Bücher sehen ja schick aus *sterneindieaugen*…
Hey Britta,
ich denke über ein 5-Minuten-Dank-Tagebuch nach. Erst mal tief ansetzen und sehen, wohin es mich führt …
😀
Liebe Grüße