Lässt du dich manchmal auch auf den Kauf eines Buches überreden, weil der Titel provokant, lustig oder einfach total spannend klingt? Ich schon. Leider. Oft. Ich bin ein Opfer des Marketings.
Für mich reicht es schon, wenn im Titel Familiensaga oder Dingsbums-Dynastie vorkommt – und zack, zücke ich mein Portemonnaie oder klicke es in den Warenkorb. Was soll ich sagen? Ich kann nicht anders. Ein Titel ist ein unwiderstehliches Versprechen, der Klappentext eine Verlockung. Doch was passiert, wenn man den wahren Inhalt entdeckt? Ist es wirklich das, was ich mir erhofft habe, oder etwa das literarische Pendant zu einem Tinder-Date mit falschem Profilbild? Quasi ein Serviervorschlag. Spoiler: Ich wusste gar nicht, was Tinder ist – hat mir `ne Freundin erklärt!
Deshalb starte ich jetzt ganz offiziell eine kleine Blog-Serie:
»Wenn Titel lügen – Buchkäufe mit Nebeneffekten«
Hier der Auftakt: eine erste Sammlung an Buchbegegnungen, von deren Titel ich mir Titel mehr versprochen hatte – oder mich so überrascht hat, dass ich sie kaum aus der Hand legen konnte.
„Run Fat Bitch Run“ von Ruth Field, – Ein Motivationsbuch für Menschen mit Nehmerqualitäten
Vorweg: Ich hab’s nicht gekauft, aber laut gelacht, als ich es auf einem Grabbeltisch entdeckt habe. Der Titel hat mich einfach umgehauen. Ein Buch, das dich noch vor dem Klappentext beleidigt? Respekt! Ich habe kurz reingelesen. Direkt auf den ersten Seiten wirst du von einem bösartigen, mit Red Bull vollgetankten Motivations-Coach angebrüllt, endlich deinen fetten Arsch von der Couch zu bewegen. Da ich beim Laufen eine komplette Niete bin, brauche ich keinen schlecht gelaunten Fitnesstrainer, der mit einer Peitsche in der Hand neben mir herläuft. Kennst du den Drill Sergant Hartmann aus dem Film Full Metal Jacket? Yes Sir – nein danke, Sir!
„Stoffwechsel-Reset“ von Ingo Froböse – Ich wollte einen Fahrplan und bekam ein Studium in Schriftgröße 6
Also, was hatte ich erwartet? Ganz einfach: Umsetzbare Ernährungstipps, ein paar alltagstaugliche Übungen, vielleicht sogar hübsch bebildert – und das alles in einer Sprache, die auch mein Gehirn versteht. Etwas wie: »Iss das, beweg dich so und du fühlst dich besser und kannst besser durchschlafen.« Zack – nicht so schwierig, oder? Was habe ich bekommen? Einen Crashkurs in Biochemie. Mit Nebenfach: Zellphysiologie. Und das alles in einer Schriftgröße, die sich eher wie ein Sehtest beim Augenarzt liest als wie ein Wohlfühl-Ratgeber.
Leute, ich bin nicht völlig bildungsresistent – ich lese durchaus auch mal was ohne Sprechblasen. Aber dieser Ratgeber? Da fühlte ich mich nach fünf Seiten wie jemand, der nur mal kurz wissen wollte, wie man richtig frühstückt – und plötzlich in einer Vorlesung sitzt: Willkommen im Stoffwechsel-Studium – bitte notieren Sie die Formel zur Regulation des Hypothalamus! Es ist Klausurrelevant!
Ich hatte gehofft, das Buch wäre so:
👉 Hier sind fünf einfache Tipps, was du heute beim Essen anders machen kannst.
👉 Und hier ein Mini-Workout, das du auch während des Zähneputzens hinbekommst.

Versteht mich nicht falsch – Froböse weiß, wovon er spricht. Der Mann ist Profi! Aber ich wollte keinen Stoffwechsel-Master. Eine einfache Anleitung – kein Referat. Vielleicht liegt’s auch an mir. Vielleicht bin ich einfach nicht der Typ für Bücher, die so tun, als hätte ich jederzeit ein Whiteboard, einen Taschenrechner und einen Ruhepuls von 50 zur Hand.
Was bleibt?
Ein Buch mit viel Inhalt, viel Fachwissen – und leider wenig Lust, es durchzulesen. Ich hab’s trotzdem eine Weile versucht. Tapfer. Aber letztlich wanderte dieses Werk auf den Momox-Stapel.
„Eine Frage der Chemie“ – Wie mich ein Buch mit Chemie-Titel völlig umgehauen hat
Ich? Chemie? Puh. Hätte ich fast nicht gelesen. Wegen des langweiligsten Titels der Welt. Er klang in meinen Ohren nach Periodensystem und explosionsgefährdeten Beziehungen. Ich erinnere mich dunkel an Formeln, Reagenzgläser und daran, dass es öfter mal gestunken hat. Hier habe ich mein vergessenes Schulwissen verbloggt.

Also: Warum hab ich das Buch gekauft? Ich habe in eine Hörprobe hineingelauscht und ich war infiziert. Und Gott sei Dank dafür! Denn was sich hinter diesem eher unspektakulären Titel verbirgt, ist eines der mitreißendsten Bücher, die ich seit Langem gelesen habe. Die Geschichte? Grandios. Die Figuren? Einmalig. Ein Pageturner mit Herz, Verstand und so vielen unerwarteten Wendungen, dass ich zwischendurch dachte: Moment, das ist doch gar keine Wissenschaft – das ist einfach nur Kochen!
Die Protagonistin Elizabeth Zott ist keine Frau, die sich ins Korsett gesellschaftlicher Erwartungen zwängen lässt – obwohl man ihr genau das in den 1950er Jahren ständig überstülpen will. Sie ist klug, stur, sarkastisch, emotional intelligent und gleichzeitig gnadenlos rational und lügt nie. Und was macht sie? Sie bringt Chemie ins Wohnzimmer der amerikanischen Hausfrauen. Im wahrsten Sinne. Denn als man ihr die akademische Laufbahn verweigert, wird sie – durch eine Reihe herrlich absurder und gleichzeitig berührender Umstände – zur Fernsehköchin.
Aber Achtung! Sie kocht nicht einfach. Sie klärt auf. „Kochen ist nur Chemie“, sagt sie, während sie erklärt, was bei der Maillard-Reaktion passiert. Und plötzlich frage ich mich, warum ich jemals dachte, Rührei sei einfach nur Rührei. Lang lebe die Thermodynamik!
Ihr Hund heißt Halbsieben. Warum? Weil er um diese Uhrzeit in ihr Leben getreten ist. Ein wandelndes Herz auf vier Pfoten mit einer anrührenden Geschichte, der mit seinen Gedanken zu Wort kommt. So wie unser Buddy.
„Eine Frage der Chemie“ ist witzig, schmerzhaft, emanzipiert, zart, bissig und durch und durch inspirierend. Ein Roman, der dich laut auflachen lässt und im nächsten Moment einen Kloß im Hals serviert – à la Zott, mit einer Prise Natriumchlorid und ganz viel Emotion.
„Ein Traum von einem Schiff“ – Christoph Maria Herbsts literarisches Urlaubs-Meckern
Christoph Maria Herbst hat mein Traumschiff nicht verdient. So. Da ist es, das Fazit gleich zu Beginn, bevor ich mich in Rage schreibe.
Ich liebe das Traumschiff. Punkt. Die Autoren verlassen sich nicht auf die Intelligenz der Zuschauer – nein – sie wollen auf Nummer sicher gehen. Die Dialoge sind manchmal so hölzern, dass man denkt, die Protagonisten lesen während des Drehs vom Telepromter. Die Handlung? Komm schon!
Wer kennt ihn nicht, diesen dramatischen Subplot mit den geheimen Zwillingen, die sich eine Kabine teilen – natürlich völlig unbemerkt vom Personal, trotz ständiger Verwechslungsszenen in Badehosen. Beide verlieben sich unsterblich in dieselbe wunderschöne Reinigungskraft, die – Achtung! – eigentlich Literaturwissenschaften studiert, denn sie zitiert Shakespeare, während sie das Klo schrubbt. Sie jobbt nur auf dem Schiff, um sich das Studium selbst zu finanzieren.
Später, an der Reling im Sonnenuntergang (rührseliges Gefidel im Hintergrund): Sie, mit glänzenden Augen, in einem eisblau schimmernden Chiffon-Kleid, dass ihre perfekte Figur durchscheinen lässt, erklärt mit leiser, fast erstickter Stimme, dass sich nicht von ihren steinreichen Eltern aushalten lassen will. Nein! Sie ist eine selbstbewusste, unabhängige Frau, die ihren eigenen Weg findet. Dann streift sie sich eine lange dunkle seidige Strähne hinters Ohr und verlässt das Deck (dramatische Musik setzt ein!).
Und dann kommt dieser Mann – der Stromberg, der mit einem verschlagenen Grinsen und sarkastischen Sprüchen seine Untergebenen kleinmacht, während er nach oben buckelt – und darf bei meinem Traumschiff mitspielen. Ich dachte: Endlich! Humor! Ironie! Vielleicht ein bisschen Meta-Magie auf See.
Aber was macht er danach? Er schreibt ein Buch. Und zwar nicht eins, bei dem man sagt: »Haha, so war’s wirklich hinter den Kulissen!«, sondern eins, bei dem man denkt: »Junge, hast du das Traumschiff eigentlich jemals gesehen, bevor du an Bord gegangen bist – oder hast du die letzten 40 Jahre auf einer Tanne geschlafen? Ohne Fernseher??!«
Denn was hat er denn erwartet? Ein Drehbuch von Tarantino? Dramaturgie à la „Mission Impossible“? Plötzlich springt der Kapitän über die Reling, weil er ein Doppelleben als CIA-Agent führt? Junge, es ist das Traumschiff. Das läuft seit gefühlt 174 Folgen, davon 172 mit exakt einem Plot:
- – Promi A will/muss fliehen.
- – Promi B ist verliebt.
- – Promi C hat ein Geheimnis.
- – Es wird ein Ausflug gemacht. Landschaftsbilder, Folkloretänze.
- – Am Ende: Sonnenuntergang, schwülstiges Geschwafel vom Kapitän, Wunderkerzen, alles ist gut.
DAS ist der Deal!
Das ist das Fernweh im Pantoffelkinoformat! Ich hatte mich auf einen Blick hinter die Kulissen gefreut. Auf kleine Anekdoten aus der Maske, lustige Versprecher im Off. Stattdessen? Ein einziges Genöle. Käpt’n, wir haben einen Zyniker an Bord! Nur der selige Erfinder des Traumschiffs kriegt einen warmen Händedruck. Immerhin.

Oder hat sich der Autor intellektuell unterfordert für das Traumschiff gefühlt und es aus Prinzip nie angesehen? Sich dann aber gern vom ZDF fürs Ablesen schlechter Dialoge in exotischer Kulisse bezahlen lassen. Respekt. Bleib besser Stromberg – der steht dir!
Fazit: Titel, die uns in die Irre führen – und das ist gut so!
So, das war der erste Teil von »Wenn Titel lügen«. Ich hoffe, du hattest genauso viel Spaß wie ich! Wenn du auch schon mal auf einen Titel reingefallen bist – positiv oder negativ – dann hau es in die Kommentare! vielleicht kenne ich das Buch und kann meinen Senf dazugeben. Bis zum nächsten Mal!
