Mein Beitrag zur Blogparade »Gartenglück oder Gartenschreck? Geschichten, die dein Garten schreibt« von Gartendesignerin Sadhana Kraus.
Es gibt diese Menschen, die betreten ihren Garten wie andere eine Therme. Zum Entspannen, zur inneren Einkehr, zur Selbstoptimierung durch Rosenschnitt – wie ZEN-Mönche bei der Meditation.
Dann gibt es die stilvolle Gartenliebhaberin mit Hochglanzabonnement – quasi die Vogue für Fortgeschrittene mit grünem Daumen. Bevor sie einen Fuß in den Garten setzt, wird der ausladende Hut aufgesetzt, passende florale Handschuhe übergestreift und ein sanftes Lächeln ins Gesicht gelegt. Anschließend wird durch die Beete flaniert, als wäre sie Statistin in einem Rosamunde-Pilcher-Film mit Angeber-Hortensien und üppigem Blauregen im Hintergrund. In der Armbeuge schwingt ein dekorativer Flechtkorb, stolz getragen wie eine Louis-Vuitton-Tasche beim Shoppen. Mit der freien Hand wird beseelt über die ausladenden Rosenbüsche gestrichen, während tief und bedeutungsvoll der süßlich-blumige Duft eingeatmet wird.
Und ja – ich gebe es offen zu: Ich habe mehr als nur einen dieser Pilcher-Filme gesehen. Reine Recherche, versteht sich. Feldforschung via Romance-TV. Man muss seine Quellen schließlich kennen.
Und dann gibt es da noch die Gartenoberbefehlshaber. Bei ihnen ist der Garten kein Ort der Entspannung, sondern ein streng durchorganisiertes Areal mit botanischem Kontrollwahn. Hier wächst nichts – aber auch rein gar nichts – ohne vorherige schriftliche Genehmigung, idealerweise in dreifacher Ausfertigung, mit Stempel vom Gartenzwerg-Kompetenzzentrum. Ein Gänseblümchen, das sich ungefragt in den Rasen wagt? Sofortige Entfernung unter Einsatz der Grabegabel-Spezialeinheit. Wildwuchs? Strafbestand. Der Rasen ist so akribisch gestutzt, dass man mit dem Geodreieck die Halmlänge nachmessen könnte.
Das Bewässerungssystem? Eine technische Meisterleistung auf NASA-Level – mit Zeitschaltuhr, Sensoren, App-Anbindung und vermutlich einem Notfallplan für den Fall spontaner Luftfeuchtigkeitsschwankungen. Und ja – auch das Laub fällt hier sortenrein – aus Respekt!
Ich bin da – sagen wir – etwas schlichter gestrickt. Man könnte es als Guerilla-Gärtnern bezeichnen.
Mein Garten macht, was er will (und meistens besser als ich)
Mein Garten ist … sagen wir mal: groß. Naturbelassen. Also so richtig. Buchsbaum ohne Formschnitt – du weißt schon. Sozusagen botanischer Anarchismus mit Tendenz zur Selbstverwaltung.

Damals, als ich jung, ambitioniert und völlig ahnungslos auf den Hof kam, hatte ich große Pläne. Richtig großes Tennis! Beete anlegen, Wege schottern, einen Gemüsegarten, Kräuterspirale, vielleicht sogar ein Hochbeet aus Paletten zusammenzimmern – nachhaltig, rustikal, vorzeigbar. Und das alles lange bevor Pinterest existierte und der Begriff »Upcycling« noch nicht geboren war!
Ich hab’s versucht. Ehrlich. Aber Pflanzen sind listige Biester. Ich habe viel Zeit investiert, um grandios zu scheitern. Wer bitteschön kann im Frühstadium schon zuverlässig zwischen ambitionierter Staude und aufdringlichem Spontangewächs unterscheiden? Eben.
Twenty Shades of Grün
Mein Garten liegt unter mächtigen, ehrwürdigen Eichen. Klingt erstmal nach Jane Austen und Picknickdecke – ist in Wirklichkeit floristisch eine mittlere Katastrophe mit Ansage. Über das Herbstlaub reden wir nicht. Wirklich nicht.
Alles, was blühen will, braucht ein Mindestmaß an Sonne, um diesen Job erfüllen zu können. Hamm wa nich – könn wa nich. Hier herrscht eine Lichtsituation vergleichbar mit der eines nordseitigen Kellers.
Aber hey: Was meinem Garten an Farbe fehlt, macht er mit Charakter wieder wett. Mit Moos, gelegentlichem Hin-und-wieder-Rasen, Ilex, Buchs, Farn und Efeu kann mein Garten mindestens zwanzig verschiedene Grüntöne aufweisen. Sagen wir: ein Kaleidoskop chlorophyllhaltiger Resignation. Immerhin.
Der Kampf gegen grüne Altlasten
Die Rhododendren waren ein Erbe. Ein schweres. Eine floristische Plage in Büschen. Meterhoch, durstig wie ein Kegelverein auf Vatertagstour und mit einer Mariah-Carey-Attitüde. Zwei Wochen Blüte, okay. Danach fabrizieren sie nur noch Dreck, Schatten und passiv-aggressives Grün. Dankbarkeit? Null. Stattdessen beleidigt eingerollte Blätter gekrönt von braunen, herabhängenden Blüten. Sechs – setzen!

Und der Efeu? Der klebrige, krallende, alles erwürgende Horror aus dem Bodenreich? Der wurde gleich mit ins Exil geschickt. Ich habe ihm mit viel Willenskraft die Stirn geboten. Mit Hacke, Spaten, Wut und Schweiß. Ich habe gebuddelt, gerissen, geflucht – und mich manchmal gefragt, ob das Unkraut nachts heimlich zurückwächst. Hier bitte aus dem Off die Musik aus »Der weiße Hai«, wenn sich das ekelige Grün im Dunklen durch die Erde an die Oberfläche kämpft.
Trial-and-Error – Pflanzenroulette deluxe
Ich habe irgendwann alles eingepflanzt, was ich umsonst kriegen konnte. Egal ob vom Nachbarn, Familie, Freunde oder dem Ausverkauf vom Baumarkt. Meine Hoffnung: Wenn’s woanders hübsch wächst, wird’s bei mir auch klappen. Spoiler: Nöpp.
Hat die Pflanze an Ort A nicht geblüht, kam sie nach Ort B. Wenn Ort B auch nichts hergab, halt weiter zu C. Ich war quasi DHL für botanisch Enttäuschte. Nach gefühlt sieben Umzügen pro Pflanze habe ich festgestellt: Es gibt exakt zwei Plätze in meinem Garten, wo bunte Pflanzen halbwegs überleben.







Inzwischen habe ich meine Strategie überdacht. Wer hier nicht klarkommt, fliegt. Survival of the Fittest. Es hat sich eine zähe, schattenliebende Pflanzenelite herausgebildet – hart im Nehmen, bodenschwach verwöhnt und buddyresistent.
Der Saboteur auf vier Pfoten
Ach ja. Der Hund. Buddy.
Buddy ist unser deutscher Schäferhund. Riesig. Puschelig. Er ist tief davon überzeugt, dass jeder Garteneinsatz in Wahrheit sein Event ist. Sobald ich die Gartenhandschuhe anziehe, flippt er aus und denkt: »YEAH! Wir machen wieder Sachen mit Erde! Ich bin dabei!«

Er folgt mir, egal, was ich tue, der Gute. Ich buddele Löcher für neue Wege des Scheiterns? Buddy kann es besser. Ich bewässere meinen liebgewonnenen Phlox? Buddy meint, jetzt ist Zeit für eine Dusche. Ich sammle Unkraut in den Eimer? Buddy wirft mit großer Geste seinen Ball/Ring/Stock hinein – als Opfergabe oder verstecktes Veto. Und sollte ich nicht zeitnah in seinem Sinne reagieren, werde ich von hinten angestubst.

Das Drama mit dem Ball
Eines Tages – und das ist kein Scherz – griff ich hinter mich, schnappte mir diesen Ball mit der Schnur (du kennst diese Dinger, die aussehen wie Hunde-Bowling für Anfänger) und schleuderte ihn geistesabwesend nach hinten. Riskant vor dem Hintergrund, dass ich schon nicht gut werfen kann, wenn ich hinsehe. Ich hörte kein Bellen, kein Trappeln, nichts. Nur… Stille.
Ich drehe mich um und sehe Buddy. Einige Meter entfernt – kerzengerade – vor einem Baum. Der Blick: konzentriert. Der Schwanz: still. Der Ball? In der Baumkrone. Der Hund? In Warteschleife. Hier kommt meine eigentliche Bestimmung ins Spiel: Buddy’s persönlicher Ball-Butler.

Fazit
Ein Pinterest-Garten ist er nicht. Kein Vorzeigeprojekt mit Lavendelrabatten auf Symmetrie, Formschnitt, Golfrasen mit Bewässerungssystem oder Farblehre. Wild. Eigenwillig. Mit Defiziten, Dornen – und Doggo.

Hallo Kerstin, du hast deinen eigenen Weg gefunden.
Im Garten und auch sonst.
SUPER!!
Liebe Grüße 🙋♀️🙂
Hey Tina,
vielen Dank für deine lieben Worte! 😊
Ein bisschen Selbstironie gehört einfach dazu – im Garten wie im Leben.
Schön, dass du mitliest!
Herzliche Grüße,
Kerstin