Minimalismus Zuhause – warum weniger mehr ist

Minimalismus – klingt so schön klar und simpel, oder? Ich stelle mir da immer so eine makellose, Schöner wohnen-würdige Wohnung vor, in der alles genau seinen Platz hat, perfekt farblich aufeinander abgestimmt ist und nur das Allernötigste herumliegt. Aber mein Weg bis dahin ist… sagen wir mal, leicht holprig. Aktuell bin ich mittendrin im Projekt „Ballast abwerfen“.

Ein Traum

Keine offene Treppe mehr, die bis in den Keller reicht. Die Tür einfach zumachen können. Physisch wie symbolisch. Keine Geräusche mehr aus dem Untergeschoss… Wer meine Situation kennt, weiß was ich meine. Ich so wenig wie möglich in die neue Lebenssituation mitnehmen.

Zugegeben, ich puzzle gerne, aber muss ich deshalb zwanzig 1000er Puzzles horten? Ich glaube nicht. Bücher, die ich nie wieder lesen werde und nicht bei momox verticken konnte – brauche ich sie wirklich? Na gut, einige schon. Die Küchenmaschine, die seit Jahren unberührt im Schrank steht? Bei mir mir ist – wenn überhaupt – nur der einfache Handmixer in Gebrauch. Seit die Spülmaschine kaputt ist vermeide ich, unnötige Geräte abwaschen zu müssen. Warum nicht einfach weg mit den Dingen, die ich eh nicht mehr benutze?

Die ewige Ausrede

Die gute alte „Was-wäre-wenn“-Mentalität – die verlässliche Rechtfertigung dafür, warum ein Regal immer noch aussieht wie ein Lager für Schulbedarf. Nehmen wir zum Beispiel die ‚praktischen‘ 10erPacks Schulhefte. Ein paar davon stapeln sich noch im Regal, denn die nicht verhandelbaren Liniervorschriftenschläge der Lehrer in den jeweiligen Schulen haben eine Großteil davon für unbrauchbar erklärt. Ich rede mir immer noch ein, dass ich sie ’noch für Notizen‘ verwenden könnte. Echt jetzt? Wie wahrscheinlich ist das? Rate mal, worauf ich gerade schreibe … Kann man drauf kommen, oder?

Übervolle Sockenschubladen sind einfach nur ein Ärgernis, oder? Du quetscht immer wieder neue oben drauf, anstatt einmal die Schublade auszuleeren, um nachzusehen, was sich in den Untiefen verbirgt. Ich habe eine Schublade voller Badesachen. Wozu? Ich gehe nicht schwimmen! Ich hasse Hallenbäder! Und wenn ich mal in die Nordsee springen möchte, reicht ein Badeanzug völlig aus. Alles, was seit einem Jahr nicht genutzt wurde, gehört aus meiner Sicht in die Kategorie „nicht mehr nötig“.

Sentimental – Emotional – Radikal

Minimalismus bedeutet für mich auch, mich von emotionalen Lasten zu befreien. Ich besitze unter anderem noch alte Fotos aus meiner Zeit bei der Benedict-Sprachenschule. Ich habe mich dort nie wohl gefühlt und zu den Menschen gar keinen Kontakt – also weg damit!

Grußkarten von Leuten, an die ich mich kaum noch erinnere – »Liebe Grüße von der Costa Brava – Sommer 1995, herzlichst … äh, wer war das nochmal?« Warum habe ich die aufgehoben? Minimalismus heißt ja auch, nur die Menschen im Herzen zu behalten, die mir wirklich etwas bedeuten.

Alte Arbeitszeugnisse von meiner Ausbildung (6. Punkte im Blogartikel), an die ich am liebsten vergessen würde. Sogar die Lohnabrechnungen waren dabei: 525 DM/Monat im ersten Lehrjahr. Es gibt so viele schöne Erinnerungen im Leben – dies spiegelt das genaue Gegenteil davon! Aufheben „für den Lebenslauf“? Der Zug ist längst abgefahren! Minimalismus heißt eben auch, mich von diesen beruflichen Gespenstern zu befreien, an die ich bestenfalls nie wieder denken möchte.

Der ewige Kampf gegen die Versuchung

Samstag – der Tag der Werbeprospekte. Die Zeitungwurst, dick wie eine ganze Mortadella vom Fleischer, die kaum in das Fach des Briefkastens passt!

Jetzt vor Weihnachten wird überall der jährliche Werbungsoverkill in aufdringlichem Rot und Gold eingeläutet. Was schenke ich meinen Liebsten? Würde ich mich selbst darüber freuen? Ich esse sehr gerne gekochte Eier, aber brauche ich dafür einen Eierschalensollbruchstellenverursacher? Spoiler: Nein, ich klopfe mit einem Löffel drauf! Ok, manchmal hacke ich dem Ei einfach den Kopf ab – je nach Laune.

Ich sage euch, es ist wirklich einfacher, denjenigen zu fragen, bevor man den vermeintlich neuesten heißen Scheiß kauft. OK, die Überraschung bleibt auf der Strecke, aber du hast kein unnützes Geld für etwas ausgegeben, das vorher niemand vermisst hat. Am Ende verstaubt der Wassermelonenwürfelschneider neben dem Maiskolbenbutterer und dem Spaghettiportionierer in der Kram-Schublade, die vermutlich jeder in der Küche hat.

Wer überlebt darf bleiben


Also, Zimmerpflanzen und ich – das ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Echt wahr! Pflanzen in der Wohnung fordern endlose Aufmerksamkeit, die eine dies, die andere das. Hier ein Schluck Wasser (zimmerwarm, nicht direkt aus dem Wasserhahn), da ein Sonnenplatz (aber bloß keine direkte Sonneneinstrahlung) und wehe, man vergisst sie mal einen Tag! Dann stehen sie da wie Primadonnen und werfen beleidigt ihre Blätter ab.

Bei frischen Küchenkräutern sage ich nicht nein. Die sind pragmatisch und wissen, was sie tun sollen – Essen geschmackvoll unterstützen. Ein bisschen Wasser ab und zu, vielleicht ein paar Sonnenstrahlen, und schon sind sie zufrieden. 

In meinem Garten regiert das knallharte Gesetz der Natur: „Survival of the Fittest“. Ich habe beschlossen, dass jede Pflanze, die hier wachsen will, gefälligst ohne meinen persönlichen Einsatz klarkommen muss. Teurer Nachschub aus der Gärtnerei? Nein, danke! Hier im Garten gilt das Motto: Entweder du schaffst es allein, oder du landest auf dem Kompost. Ausnahmen bestätigen die Regel: ungewollte Spontangewächse werden eliminiert. 

Der Bambus fühlt sich wohl

Die Zen-Kunst des entspannten Wohnens

Ich gebe zu, ich bin noch nicht der Zen-Meister der Ordnung – aber ein ziemlich ehrgeiziger Anfänger! Man wird ja wohl mal hoch stapeln dürfen. Aufräumen und Entmisten hat für mich inzwischen etwas Meditatives. Keine überfüllten Schränke, keine chaotischen Regale, keine vergessenen Schachteln mit Krimskrams im Keller. Ich möchte kein Nippes zur Seite stellen müssen, wenn ich Staub wische. Ein aufgeräumtes Zuhause hat den Charme, dass man nicht ständig von Zeug abgelenkt wird. Das gibt mir ein gutes Gefühl.

Fazit

Bin ich am Ende meines minimalistischen Abenteuers? Nöp. Aber ich kann sagen: Den Anfang gemacht zu haben, war eine gute Entscheidung, und auch wenn es dauert. Jeder Abschied von Kram hat sich bereits gelohnt. Also, keine Angst vor dem ersten Schritt – der Rest entrümpelt sich von selbst.

Morgen ist es wieder soweit

4 Kommentare

  1. Gisela Kokemoor

    Die echte Person!

    Der Autor Gisela Kokemoor handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.

    Die echte Person!

    Der Autor Gisela Kokemoor handelt als echte Person und ist nachweislich kein Bot
    Alle Tests gegen Spam-Bots bestanden. Anti-Spam von CleanTalk.
    sagt:

    Hey, ich habe meine Weihnachtsdeko von 20 auf 10 Kartons reduziert. Das Gefühl kann ich nur nicht so gut wie du beschreiben! Doch es ist echt befreiend!

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