Der Vollautomat und ich: Es ist kompliziert 

Wild entschlossen dachte ich eines Morgens: »Heute gebe ich dem schicken neuen Vollautomaten, der seit einiger Zeit bei uns in der Küche wohnt, eine Chance.« Mir war nach duftendem, frischem Kaffee – nicht nach einem digitalen Endgegner! Ein Drama in fünf Akten, das irgendwo zwischen »Ich kündige!« und »Hilfe!« pendelte. Während mein Hund Buddy sich morgens zufrieden über seinen Napf hermachte, kämpfte ich mit einem Gerät, das offensichtlich seinen Master in passiv-aggressivem Verhalten gemacht hat.

Die Bohnen sind leer – natürlich 

Es ist 5:13 Uhr. Ich bin wach. Nicht so ein bisschen „Hm, ich dreh mich nochmal um“-wach, sondern „Ich könnte einen PAX-Schrankkombination zusammenbauen und gleichzeitig über die Sinnhaftigkeit von Quantenphysik nachdenken, während ich einen neuen Blogartikel anlege“-wach. Ich stolziere auf den Vollautomaten zu – optimistisch, selbstbewusst und zugegeben ein bisschen naiv – und drücke auf den Knopf. Kann ja nicht so schwer sein (dann wäre es ja Fußball). Ich starre auf das Display. Der Automat starrt zurück. Es ist der Beginn einer stillen Feindschaft.

„Bitte Bohnen nachfüllen“

Aha. Klar. Warum auch nicht. Aber wo? Und wie? Ich wette, der Vollautomat – dieses kaffeebrühende Diva-Gerät mit Touchscreen-Ego und Milchschaum-Attitüde – hält bestimmt den Thermomix für einen Narzissten. Nicht, dass ich einen hätte, aber ich könnte mit tatsächlich so eine Art Wettstreit unter den Küchengeräten vorstellen.

Beispiel? Sehr gerne:

»Pff«, zischt der Vollautomat vermutlich in seiner Edelstahl-Kammer, „der Thermomix? Der lässt sich doch nur feiern, weil er Karotten zerkleinern und gleichzeitig eine Suppe mixen kann. Wow. Multitasking für Anfänger. Ich mache Kaffee. Ich bin Kunst.«

Klingt fast nach einer Idee für einen neuen Artikel …

Das Auffangbecken – warum so klein?

Sagen wir, ich habe es geschafft und die Bohnen gefunden. Jetzt stehe ich wieder vor dem arroganten Apparat und drücke erneut den Knopf.

Und…

„Auffangbecken voll. Bitte leeren“

Das Politiker-Sprech der Kaffeemaschine: Unverbindlich, passiv, leicht schuldzuweisend – aber dennoch freundlich. 

Beispiel? Bitte sehr:

»Wir möchten Sie freundlich darauf hinweisen, dass die Auffangkapazitäten derzeit vollständig ausgelastet sind. Eine manuelle Entleerung ist zum weiteren Fortbestehen der Maschine Ihres Vertrauens unerlässlich. Vielen Dank für Ihre Kooperation.«

Übersetzt: Mach sauber, du Wurst!

Wahrscheinlich dachten die Ingenieure: Irgendwo müssen wir sparen. Fangen wir doch beim Auffangbecken an! (Was für ein hochtrabendes Wort für eine Schublade mit der Kapazität eines Fingerhuts.) Also ziehe ich also dieses Puppenstuben-Behältnis heraus. Natürlich schwappt es über, pladdert über meine Hände und auf meine frischen Socken. Ich will ein Auffangeimer. Nein – eine Auffangtonne. Mit Rollen. Und Schlauchanschluss.

Reinigung! Reinigung! REINIGUNG!!!

Es geht weiter. Ich starte den Automaten. Ich glaube an ihn, an mich. Aber der Apparat hat andere Pläne:

„Reinigung erforderlich!“

Ich starre das Display an.
»Jetzt?«
Die Maschine antwortet nicht. Natürlich jetzt, mein Fehler, sorry! 

Ich drücke auf Start Reinigung.
Maschine: »Dies dauert nur einen Moment.«
Ich: »Lüge!«

In der Zeit könnte ich locker die Fenster putzen, den Flur tapezieren oder zumindest den Ladebalken eines Windows-Updates angucken – was ungefähr genauso spannend ist. Und wehe, du brichst es ab – dann wirst du von dem Ding gnadenlos geghostet.

So, inzwischen bin ich so tief im Menü dieser Maschine, dass ich mich frage, ob ich bald bei den Werkseinstellungen lande. Ich habe noch keinen Kaffee, kann mir aber eine Hintergrundfarbe für meinen Vornamen aussuchen. Japp, genau mein Humor. 

Irgendwann sind diese Maschinen so weit entwickelt, dass sie dir spätestens die dritte Tasse verwehren. „Sie haben heute bereits genug Koffein konsumiert. Bitte genießen Sie verantwortungsvoll.“ Oder gibt es diese Funktion bereits? Dein Kaffee-Vollautomat als Life-Coach-Ersatz mit Schaumdüse. Ich könnte bei WMF ein Patent dafür anmelden … sogar mit Slogan: Kaffee, Klarheit, Kontrolle – powered by Coffee-Lovers

Wasser leer. Ich auch.

Fast geschafft. Das Mahlwerk fängt an zu rattern. Es duftet …

„Wassertank leer“

Nicht dein Ernst! Ich frage mich: Bin ich wirklich ein freier Mensch, wenn ich in der eigenen Küche von einem blinkenden Display herumkommandiert werde? Ich kann das alles nicht mehr. Will ich überhaupt noch einen Kaffee? Oder sollte ich mir einfach ein Bier aus dem Kühlschrank nehmen. Irgendwo auf der Welt ist es sicher schon nach 18.00 Uhr.

Fazit: Und was trinke ich jetzt?

Er ist einfach, ehrlich, heiß – und kommt aus dem Glas. Instant-Kaffee. Klingt ein bisschen nach Notlösung, aber manchmal genau das, was ich brauche. Pulver, heißes Wasser drauf, umrühren, fertig. Kein Spülen, kein Blinken. Nicht stylisch. Nicht hip. Aber stressfrei. Und vor allem: zuverlässig und ohne Fehlermeldung.

Oder… ich werd‘ fancy und schwinge meinen Matcha-Besen wie eine zen-inspirierte Barista und bekomme ein handgemachtes, mit Milch aufgeschäumtes Heißgetränk in stilvollem Grün. Schmeckt wie eine Umarmung in Form von chlorophyllhaltigem Milchschaum – oder, wie meine Freundin es ausdrückt:

»Er schmeckt, wie er klingt. Nach Matsche.«
Danke, Heidrun 😜!

Wiebke und Kerstin haben mich am Montag auf die Idee zu diesem Artikel inspiriert. Grüße gehen raus 🙋‍♀️!

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6 Kommentare

  1. Fühle so sehr mit dir. Liebe deinen Humor und den Kaffee aus dem italienischen Espressokännchen für den Ofen oder Gasherd. Das mit dem Patent solltest du dir überlegen!!!
    Grüße Anette

    1. Vor so einem Espressokännchen habe ich großen Respekt, denn ich hätte immer Angst. dass mir das Ding um die Ohren fliegt. Das mit dem Patent – ich wette das gibt es schon 🤷‍♀️. Ich freue mich, dass dich mein Artikel amüsiert hat!

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